Lexikon der deutschen Krimi-Autoren
seit 1986 im Dienste des Verbrechens....
Bentz, Hans G(eorg)


BIOGRAPHIE:
* 05.09. 1902 in Berlin 
+ 31.12.1968 in Prien am Chiemsee

Hans G. Bentz stammte aus einer traditionsreichen großbürgerlichen Familie und begann seine journalistische Karriere war nach dem Abitur als Volontär bei der "Vossischen Zeitung". Er wurde im Alter von 27 Jahren stellvertretender Chefredakteur der "Berliner Morgenpost", verlor diesen Posten allerdings 1933/34 durch den Einfluss der nationalsozialistischen Machthaber und musste in der Lokalredaktion arbeiten.

Nach 1945 hatte Bentz sich in der Nähe von Mittenwald in Bayern niedergelassen und arbeitete neben seiner Tätigkeit als Journalist an führender Position in der Gruppe "Turicum" (bzw "T-Unit") mit, deren Anfänge bis ins Berlin der dreißiger Jahre zurückreichten und zu deren früheren Mitgliedern die Filmschaffenden Robert Siodmak und Jochen Huth gehört hatten. Als Vertreter der erklärtermaßen antifaschistischen Gruppe wurde er von der amerikanischen Besatzern als Informationslieferant engagiert und baute mit amerikanischer Unterstützung in München ein Informationsnetzwerk auf, das sich besonders mit den Aktivitäten der soeben gegründeten CSU befasste.
Der SPIEGEL fasste das so zusammen: "Die amerikanischen Verbündeten  (...) ließen den "Turicum"-Initiator samt Ehefrau Anne-Marie von Mittenwald nach München umsiedeln, requirierten der Bentz-Truppe im Stadtteil Solln ein stattliches Haus in der damaligen Waldstraße 9, bewilligten Fahrzeuge, Sprit und Sonderrationen -- und ließen H. W. Berett, wie sich Bentz auch nannte, und seine Gefolgsleute zu Papier bringen, was immer sie im Nachkriegsbayern aufschnappen konnten."
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14332397.html

Im Mittelpunkt seiner schriftstellerischen Arbeit, die Bentz nach Ende der Besatzungszeit wieder aufnahm, standen heitere Tier- und Familiengeschichten. In seinen Familienromanen, die durch ihre Erzählhaltung einen autobiographischen Ursprung suggerierten, schuf Bentz eine idealtypische "Romanfamilie", die, genau wie er selbst, am Chiemsee wohnte.

Die Freundschaft mit dem Chef der Berliner Mordinspektion, Kriminaldirektor Gennat, inspirierte ihn zu seinem Helden "Kriminaldirektor Türk", der in den Kriminalromanen auftritt, die Bentz verfaßte, nachdem er zunächst Erfolg mit seinen humoristischen Büchern gehabt hatte.

Mit seinen drei Kriminalromanen SCHNELLER ALS DER TOD, KRIMINALDIREKTOR TÜRKS SCHWERSTER FALL und DER DICKE UND DIE MAFIA bereicherte er die schmale deutsche Krimiszene der sechziger Jahren um eine interessante Variante: Er baute mit der Gestalt des Kriminaldirektors Türk einen "Türken", der, wie Bentz selbst sagte, in den Zügen ein wenig dem bekannten Berliner Mordspezialisten Ernst Gennat (1880-1939) glich, der aber auch einiges von Rex Stouts Nero Wolfe am Leibe hatte. Gennat lebte während der 20er Jahre, Nero Wolfe wurde ein Jahrzehnt später erfunden. Die Synthese der beiden fand in der Gegenwart der damaligen Bundesrepublik in einer nicht näher bezeichneten westdeutschen Stadt statt.

Im Nachwort von"Kriminaldirektor Türks schwerster Fall" schrieb Bentz unter dem Titel "Warum ich jetzt auch Krimis schreibe" eine autobiographische Skizze, auf der offenbar die meisten späteren Autorennotizen beruhen:

Mein Lebensziel war von Kindheit an, Schriftstelller zu werden, und ich wurde darin bestärkt, als ich schon mit fünfzehn Jahren einige Kurzgeschichten bei einer er größten deutschen Zeitungen, dem Berliner Tageblatt, anbrachte.
Das war gegen Ende des ersten Weltkrieges, doch in der nachfolgenden Inflation verschwand unser Familienvermögen, so daß ich allen Schriftstellerträumen entsagen und mich dem verwandten Journalismus zuwenden mußte. Wie alle ordentlichen Journalisten begann ich in der Lokalredaktion der Vossischen Zeitung, die ich, geschwellt von bereits erworbenem literarischem Ruhm, als Durchgangsstation betrachtete.
Der Lokalchef stach diese Blase schon in der ersten Stunde auf: "Soso", sagte er, "schon Literatur im Tageblatt! Wunderkind, Hm? Na, dann holen Sie mal zwölf Paar Würstchen mit Senf und Brötchen. Nachher wird Ihnen unser Senior, der Kollege Zunk, zeigen, wie man Vereinsnachrichten zurechtmacht."

So fing es an und dauerte mit manchem Auf und Ab insgesamt, mehr als dreißig Jahre. Scheinbar also ein riesiger Umweg, in Wirklichkeit jedoch, wenn ich es jetzt rückschauend betrachte, unentbehrliche Wegstrecke. Innerhalb dieser Jahre selbst war ich schriftstellerisch kaum tätig, nur ein paar Erzählungen in der Vossischen Zeitung und der Berliner Illustrirten. Eine der Arbeiten, die ich dort Ende der zwanziger Jahre schrieb, behandelte den Untergang von Berlin durch Luftangriff—

Ich möchte diese Journalistenzeit nicht entbehren, denn sie gab mir einen unvergleichlichen Eindruck in die Hinter- und Untergründe des Lebens. Der Kriminalismus war eines der Gebiete, die mich am meisten fesselten, und brachte mir unter anderem auch die Freundschaft eines ungewöhnlichen und unvergeßlichen Genies, des Kriminaldirektors Gennat, Chef der Berliner Mordinspektion.

Mit einem gewaltigen Kuchenpaket bewaffnet, steuerte ich so oft wie nur möglich sein Büro an, wo seine liebe dicke Sekretärin, die ich in diesem Buch Lieschen getauft habe, Kaffee kochte. Dann hockten wir uns zusammen, und er erzählte aus seinem Erleben. Sein Hobby war - außer den lateinischen Klassikern, die er fließend im Urtext las - eine kleine Sammlung der interessantesten in- und ausländischen Fälle, die er mir eines Tages, als sich die ersten Schatten des Hitlerreiches über uns senkten, schenkte. Aus ihr stammte die Idee für meinen ersten Kriminalroman "Schneller als der Tod", in dem ich den verstorbenen Freund unter dem Namen Türk auftreten ließ.

Dieses erste Buch, vor allem aber der vorliegende Roman, ist der Versuch, eine neue Form des deutschen Kriminalromans zu schaffen, dessen Held keine erfundene Figur, sondern ein wirklicher Mensch aus einem wahren oder der Wirklichkeit doch sehr nahen Geschehen ist. Die Anregung dazu gab mir der Erfolg meiner übrigen Bücher, zum Beispiel "Gute Nacht, Jakob", ein 'Bestseller', "Zwei Töchter auf Pump", "Na so ein Esel". Sie hatten inzwischen schon Millionenauflagen erreicht, und zwar, wie ich annehme, nicht zuletzt durch ihre Wirklichkeitsnähe. Außerdem verzichte ich - ohne die Spannung zu mindern - auf die üblichen Tricks, eine künstlich zurückgedrängte Figur um der Überraschung willen plötzlich als Täter zu präsentieren.

Weitere Quellen zur Biographie von H.G. Bentz:
1980 "Die Sauhund' haun wir wieder 'naus" - Die Geheimakten der US-Militärregierung in Bayern 1945 - 1949 , Teil III, in: Der SPIEGEL, Heft 49/1980, S 101ff
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14332397.html

1984 Lehrjahre der CSU - Eine Nachkriegspartei im Spiegel vertraulicher Berichte an die amerikanische Militärregierung, Herausgegeben von Klaus-Dietmar Henke und Hans Woller, Stuttgart: DVA (SCHRIFTENREIHE DER VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE NUMMER 48)

Mitarbeit bei der biographischen Recherche: Oliver Buslau

Hans G. Bentz bei WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_G._Bentz





KRIMINALROMANE:
1960 Schneller als der Tod - Roman einer Mordkommission, Gütersloh: Mohn (1975 Heyne 5232)
1964 Kriminaldirektor Türks schwerster Fall, Gütersloh: Mohn (1974 Heyne 5102)
1966 Der Dicke und die Mafia, Gütersloh: Sigbert Mohn
1969 Das fremde Gesicht, Gütersloh: C. Bertelsmann (1974 Heyne 5072)


ANDERE BÜCHER:
1950 Der Bund der Drei -Hundebuch-, Gütersloh: Bertelsmann (1978 als Heyne 557)
1951 Hasso - Kleiner Roman eines Schäferhundes, Gütersloh: Bertelsmann
1955 Hasso : Die Geschichte eines Schäferhundes / Ill. von Kurt Tessmann Gütersloh : Rufer Verl. Dein Leseheft 116/120/124/128
1956 Alle lieben Peter -Hunderoman- Gütersloh: Bertelsmann (1979 als Heyne 725)
1957 Polizeiwagen 220 -  eine Auto-Biographie, Gütersloh: Bertelsmann
1958 Ein Herz und eine Seele - Das kleine Buch vom Hunde, Wuppertal: Putty (auch Bertelsmann Kleine Lesebibliothek Nr 22)
1959 Licht von jenseits der Straße - Der Roman e. grossen Hoffnung, Sigbert Mohn,  HC OA (1971 neu bearbeitete Ausgabe: Bertelsmann)
1959 (als Hrsgb) Unsere Hunde, unsere Feunde, Gütersloh: Bertelsmann
1960 Alle meine Töchter, Sigbert Mohn OA
1961 Zwei Töchter auf Pump, Gütersloh: Bertelsmann OA (1979 als Heyne 487)
1961 Alle meine Autos, München: Ehrenwirth (1980 Heyne 709)
1963 Meine Hunde, wie sie wirklich sind, Gütersloh: Sigbert Mohn (1971 Heyne 885)
1963 Zwei Töchter und drei Hunde. Marion von Schröder  (1978 als Heyne 494)
1964 Der Bund der Drei, Signum, Taschenbuch 241
1964 Tommy und andere Tiergeschichten, Gütersloh: Sigbert Mohn  (1979 als Goldmann 3730)
1965 Na so ein Esel, Sigbert Mohn (1979 als Heyne 604)
1967 Zwei gegen fünf, Gütersloh: Sigbert Mohn (1978 als Heyne 950)(1979 Xenos-Taschenbuch)
1966 Alle meine Autos,, Bertelsmann Lesering
1967 Puck - Roman eines Foxls, Gütersloh: Sigbert Mohn (1979 als Heyne 831)
1986 Die schönsten Tiergeschichten, München: Engel
1986 Willi der Igel und andere Tiergeschichten, München: Engel
1988 Hasso, Puck und Tommy und andere Hundegeschichten, München: Egel (offenbar Kompilation)
1993 Heiteres : 4 ungekürzte Romane in einem Band / Horst Biernath ; Kurt Wilhelm ; Heidi Bronner, Hans G. Bentz, Heyne Jubiläumsbände ; 50/7
Enthält:  Die Leute mit dem Sonnenstich / Alle sagen Dickerchen / Bentz: Zwei gegen Fünf / Unser Vater, der Tierarzt
1995 Glücklich und zufrieden, drei heitere Romane - ungekürzt Heyne-Bücher : 50, Heyne-Jubiläumsbände ; Nr. 98 (enthält: Drei Töchter auf Pump)



SONSTIGES:
1959 Tommy : Hans G. Bentz liest seine Erzählung. Die Geschichte e. treuen Hundes, Gütersloh : Ariola GmbH (Sprechplatte)
1970 (mit Charly Niessen) Zwei Töchter auf Pump : Lustspiel mit Musik /Nach Motiven aus d. gleichnamigen Roman von Hans G. Bentz. Musik u. Gesangstexte von Charly Niessen. Bühnenbearb.: H. W. Corten. - Frankfurt am Main : S. Fischer

Übersetzungen
1953 Hans Georg Bentz: Three's  company, Der Bund der Drei <engl.> Translated by Marjorie Deans, E.P. Dutton
1953 Hans Georg Bentz: Three's company, Der Bund der Drei <engl.> Transl. by Marjorie Deans, London: Gollancz
1953 Mes Chiens et moi  Trad. de l'allemand par Blaise Briod Paris : Grasset Der Bund der Drei <franz.>
1954 Dogs are company, translated by Marjorie Deans. New York: E.P. Dutton
1955 Hyvää yötä, Jaako : Romaani kodonneesta nuoruudesta. [Suomentanut J. A. Hollo] Porvoo ; Helsinki : W. Södeström Gute Nacht, Jakob <finn.>
1959 Polizeiwagen 220 : Eine Autobiographie ; T. 1  gekürzte u. annotierte Ausg. f. d. Schulgebr. / bes. v. A. van Meer Amsterdam ; Djakarta : W. Versluys
1959 Het licht aan de overkant [Vert.: M. Coutinho ; L. Coutinho-Frensdorf] 's-Gravenhage : Nederlandse Boekenclub Licht von jenseits der Straße <niederländ.>
1961 Twaalf stappen in de eeuwigheid [Vert.: M. Coutinho] 's-Gravenhage : Nederlandse Bockenclub Schneller als der Tod <niederländ.>
1963 Goedenacht Gerrit : Een vrolijke vertelling uit een vervlogen tijd / [Vert.: M. Coutinho. Tekeningen: G. Ulrich] 's-Gravenhage : Nederlande Boekenclub Vesta-Bibliotheek Gute Nacht, Jakob <niederländ.>
1967 Polizeiwagen 220 /  Adapted by W. H. Meiklejohn, London ; Glasgow : Blackie & Son Die moderne Lesereihe : Intermediate
1972 LinkHoe nou, speurder Türk? Südafrika: Tafelberg Vlg Kriminaldirektor Türks schwerster Fall <afrikaans>
1972 Speurder Tuerk en die Mafia [Der Dicke und die Mafia.] Uit die Duits vertaal deur Ludwig Visser. Kaapstad : Tafelberg, 1972.

*** E N D E ***

last update 1-12-2005
last update 17.10.2011


 

H.P. Karr:
Lexikon der deutschen Krimi-Autoren - Internet-Edition
frei zur wissenschaftlichen, journalistischen und nicht-kommerziellen Nutzung
www.krimilexikon.de