Lexikon der deutschen Krimi-Autoren
seit 1986 im Dienste des Verbrechens....
Knellwolf, Ulrich


BIOGRAPHIE:
* 17.8.1942  in Niederbipp/Kt Bern

Ulrich Knellwolf wuchs in Zürich und Olten auf. Abitur an der Kantonsschule Solothurn. Er studierte evangelische Theologie in Basel, Bonn und Zürich. Sei 1969 ist er Pfarrer. 1990 promovierte er zum Dr. theol an der Universität Zürich mit einer Arbeit über "Gleichnis und allgemeines Priestertum. Zum Verhältnis von Predigtamt und erzählendem Werk bei Jeremias Gotthelfs". .

Von 1984 bis 1996 war er Pfarrer an der evangelisch-reformierten Predigerkirche in Zürich, danach Mitarbeiter der Stiftung Diakoniewerk Neumünster, Zollikon bei Zürich. Nach verschiedenen theologischen Veröffentlichungen debütierte er literarisch mit seinem Kriminalroman ROMA TERMINI.

DIE WELT urteilte über "Tod in Sils Maria": "Ulrich Knellwolf weiß durch spannende, doppelbödige Geschichten bestens zu unterhalten. Doch haben die Bücher dieses geistigen Nachfahren von Chesterton und dem jungen Dürrenmatt eine tiefere Dimension: Es geht in ihnen um jene menschliche Verstrickung, die mit der Geschichte von Kain und Abel begann."

Und der SPIEGEL (Heft 23/1994) meinte: "Was treibt einen Pastor dazu, einen Intellektuellen zumal, der mit größtem Ernst von seinem Beruf spricht, solche Gemeinheiten unter die Leute zu bringen? Bloße Lust an bösen Phantasien, sagt Ulrich Knellwolf, sei es nicht. Wohl möglich also, daß der Verkaufserfolg, der die Silser Geschichten in den Spitzenrängen der Bestenlisten hält, auf einem Mißverständnis beruht. Der Theologe Knellwolf woll jedenfalls nicht unterhalten, sondern "zeigen - wenn auch ein wenig lachend - daß die Welt in Unordnung ist und bleibt.
Da grüßen Albert Camus, der Prophet des Absurden, und der große Friedrich Dürrenmatt mit seinem keineswegs nur literarisch gemeinten Gesetz, daß eine Geschichte erst dann zu Ende ist, wenn sie die schlechtmöglichste Wendung genommen hat. Gott ist dabei für Pfarrer Knellwolf nicht etwa tot, ganz im Gegenteil. Im vielgestaltigen Schweizer Protestantismus vertritt er die konservative, an Luther orientierte Position, daß Gnade wichtiger sei als alle Ethik. Knellwolf bündig: "Daß die Moral in meinem Beruf eine zentrale Funktion hat, glaube ich nicht.""
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13685565.html

Erwin Koch: Der Heiland und sein Kommissar - Über Ulrich Knellwolf, in: SPIEGEL SPECIAL 10/1995
http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9259367.html

Joachim Kronsbein: Der Schuss vom Balkon, SPIEGEL 52/97 (über "Schönes Sechseläuten")
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8849648.html

Ulrich Knellwolf bei WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Knellwolf



Ein Portrait:
Das Böse ist immer und überall
Alles Elend dieser Welt geht auf Adam und Eva zurück, oder wenigsten fast. Der Sündenfall war scheinbar nicht zu vermeiden, und daß Kain seinen Bruder Abel erschlug, war bloß die erste Variante eines Urmotivs. Seitdem reißt die Kette an Mordgeschichten nicht mehr ab. Das weiß der von Berufs wegen eng mit den Gebrechlichkeiten der Welt vertraute Ulrich Knellwolf und bringt wie kein zweiter die dunklen Seiten der Menschen auf den Punkt. Seine Krimis sind in der Schweiz schon lange berühmt und werden es nun auch in Deutschland. Und da an Rohmaterial kein Mangel herrscht, dürfte sich am Erfolg des schreibenden Pfarrers so schnell nichts ändern.
     Seine Geschichten stammen aus unterschiedlichen Quellen. Die eine ist beruflich: Sein früherer Pfarrbezirk Predigerkirche, im Rotlichtviertel der nicht so ehrwürdigen Zürcher Altstadt gelegen, ist Schauplatz des "Schönen Sechserläutens".

"Es ist mein täglich Brot als Pfarrer zu sehen, daß die meisten Lebengeschichten irgendwann an Katastrophen vorbeischrammen." Die andere fand er in der Literatur: "Ich habe bei Georges Simenon mehr über die Sünde erfahren als in den theologischen Werken, die ich mir zuführte."
 Knellwolf, 1942 geboren und in Zürich und Olten aufgewachsen, schrieb bereits als 16jähriger für das "Oltener Tageblatt" und wäre gern Journalist geworden. Er entschied sich dann aber für die Theologie, weil er eine Antwort auf eine Frage suchte: "Ist das Leben eine schreckliche Veranstaltung oder etwas Lohnendes?"
Was ihn faszinierte, waren die menschlichen Verstrickungen, also Fragen der Moral. "Dann erst wird das Leben spannend." Zu wenig werde beachtet, daß das Böse zu uns gehöre. Mit Ironie und an Dürrenmatt geschult beleuchtet er die Schattenseiten der menschlichen Existenz und fördert zutage, was sonst im Dunkeln bleibt. Denn mit dem Sündenfall als kern jedes Kriminalstoffs bleibt für das Paradies kein Platz. Weder im "Klassentreffen", wo der Abiturjahrgang 1933 Vergangenheitsbewältigung nach Schweizer Art betreibt; noch in "Tod in Sils Maria", wo besonders oft und heftig gestorben wird: In 13 bitterbösen Geschichten lauern Mord und Totschlag, Hinterhalt und Verrat.

    Knellwolfs erzählerische Meisterschaft liegt darin zu zeigen, daß das Böse in der Normalität verwurzelt ist und es die kleinen Anlässe sind, die sich auf erschreckende Weise zu Katastrophen ausweiten. Sie werfen die Schatten, die plötzlich das Leben verdunkeln. Dies alles entwirft er auf wenigen Seiten, so kurz, so knapp, daß der Leser hin- und hergerissen ist zwischen Verwirrung und Verwunderung. Es fing doch alles so harmlos an.
 Seinen ersten Roman "Roma Termini" schrieb Knellwolf noch als hauptberuflicher Pfarrer. Als Schauplatz hatte er den Vatikan gewählt, es geht um das Verhältnis von Kirche und Macht: Zwischen südamerikanischen Drogenbossen und tschechischen Waffenhändlern zeigen sich als Dritte im Bunde die höchsten kirchlichen Würdenträger.

     Seit 1996 hat er sein Amt an der Predigerkirche aufgegeben und arbeitet als Seelsorger in der Diakonie. Der Stoff an Geschichten, bösen und bitterbösen, wird ihm auch dort nicht ausgehen. Darauf kann man Gift nehmen.
(Quelle: Fischer-Lesezeichen (Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt aM), Ausgabe 4/99)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.




KRIMINALROMANE:
1992 Roma Termini, Arche OA HC
1993 Tod in Sils Maria (13 Stories) , Arche OA HC
1995 Klassentreffen, Arche, OA HC
1997 Schönes Sechseläuten, Arche, OA HC
1997 Adam, Eva & Konsorten : sechzehn biblische Kriminalfälle, Zürich: Jordan-Verl., OA
1998 Doktor Luther trifft Miss Highsmith. 27 Geschichten, Nagel & Kimche, OA, HC
1999 Auftrag in Tartu, Nagel & Kimche, OA, HC
2001 Den Vögeln zum Fraß, Nagel & Kimche, OA HC
2004 Sturmwarnungen, Zürich: Nagel & Kimche, OA
2005 Tod in Sils Maria (17 Stories), Zürich: Nagel 6 Kimche (erweiterte Fassung des Titels aus 1993)


ANDERE BÜCHER
1983 Vier Predigten zum Lutherjahr 1983 Kirche Zollikon - Zollikon : Kirche Zollikon, OA [1983]

1986 Zwinglis Nacht : 2 Hörspiele u. 5 Anspieltexte / Ulrich Knellwolf, Paul Waldburger u.a. - Basel: F. Reinhardt

1988 Der Geist öffnet den Christen den Mund : Predigten an Pfingsten [Zürich] : [Pfarramt zu Predigern], OA

1989 Ein roter Teppich für den Messias : Weihnachtsgeschichten - Zürich : Theol. Verl.,OA

1989 "Die Musicam soll man nicht verachten" : Gedanken zum Verhältnis von Glauben und Musik Hrsg. von der Stiftung für Abendländische Besinnung (STAB) - Stäfa: Gut,

1990 Gleichnis und allgemeines Priestertum : zum Verhältnis von Predigtamt und erzählendem Werk bei Jeremias Gotthelf - Zürich : Theol. Verl.,OA

1997 Andreas Urs Sommer (Hrsg.) Im Spannungsfeld von Gott und Welt.Beiträge zu Geschichte und Gegenwart des Frey-Grynaeischen Instituts, Mit Beiträgen von  Dagmar Fenner (Paris), Frank A. Faessler (Basel /St. Andrews), Ulrich Knellwolf (Zürich), Thomas K. Kuhn (Basel), Jan M Lochman (Basel), Fritz Nagel (Basel), Suzanne de Roche (Basel), Martin Anton Schmidt (Basel), Kim P. Sitzler (Paris), Rudolf Smend (Göttingen), Werner A. Sommer (Langenthal), Martin Steinmann (Basel), Frank Vischer (Basel) und Andreas Urs Sommer (Basel).

1997 Gotthelf - Augen-Blicke : Beiträge zu Leben und Werk Fotogr.: Gerhard Schütz u.a. [Hrsg.-Team: Emil O. Bohnenblust] - Münsingen-Bern Fischer-Media-Verl.,

2000 Im Taxi nach Bethlehem : Geschichten zur Weihnacht - Berg am Irchel : KiK-Verl.,
2002 Der Zuckerbäcker von Bethlehem : Geschichten zur Weihnacht - Berg am Irchel : KiK-Verl.

2004 In Leiden und Sterben begleiten : kleine Geschichten; ethische Impulse - Zürich : TVZ, Theol. Verl.,

2005 Ein roter Teppich für den Messias : drei kurze Variationen zur Weihnachtsgeschichte- Zürich : TVZ, Theol. Verl.,





FUNK:
1986 Zwinglis Nacht, Hörspiel
2002 Schlafmittel, DRS, 7 Min (in der Reihe Schreckmümpfeli")
2003 Abendgesellschaft, DRS, 7 Min (in der Reihe Schreckmümpfeli")

SONSTIGES:
2010 Ulrich Knellworlf: Der Doppelmord in der Rue Morgue und der Selbstmord Adalbert Stifters : über Recht und Theologie in der Kriminalliteratur
In: Literatur, Recht und Religion : Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 18. bis 20. September 2009 . - Berlin : Lit. - (Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen ; 11). - 2010, S. 31-43
bei Google Books

2010 Der Krimi - ein Fall für die Religion - Heidi Kronenberg ist im Gespräch mit dem reformierten Theologen und Krimikenner Adrian Portmann sowie mit Krimiautor und Pfarrer Ulrich Knellwolf. RADIO DRS, Perspektiven vom Sonntag, 31.1.2010, 08.30 Uhr (30 Minuten)
Download MP 3: http://pod.drs.ch/mp3/perspektiven/perspektiven_201001311300_10114195.mp3

2010 Der Krimi und die Religion, Radio DRS Zwischenhalt, Samstag, 30.1.2010, 18.30 Uhr
Als MP3 hier: http://pod.drs.ch/mp3/zwischenhalt/zwischenhalt_201002011031_10119831.mp3


last update: 20.12.2001

*** E N D E ***
H.P. Karr:
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