Brockhoff, Stefan
Pseudonym von Dieter Cunz, Oskar
Seidlin und Richard Plant
Dieter Cunz *4.8.1910 iin Höchstenbach/Westerwald +17.2.69 in Ohio.
Richard Plant * 22.7.1910 in Frankfurt Main +3.3.1998 New
York
Oskar Seidlin * 17.2.1911 in Königshütte
(Oberschlesien) +11.12.1984 in den USA
DIETER CUNZ:
Der deutschstämmige Journalist und Schriftsteller Dieter Cunz
wuchs in Schierstein, einem Vorort von Wiesbaden auf und
studierte Leipzig, Königsberg und Frankfurt / Main Geschichte, deutsche
Literatur und Religionsgeschichte. Er schloss sein Studium 1934 mit seiner Promotion an der
Universität Frankfurt ab und emigrierte als Hitler-Gegner in die
Schweiz. Hier hielt er sich mit dem Schreiben von Texten für
Zeitungen und Zeitschriften über Wasser. In dieser Zeit verfasste
er gemeinsam mit den ebenfalls aus Deutschland emigierten Oskar Seidlin
und Richard Plant unter dem Pseudonym "Stefan Brockhoff" fünf
Kriminalromane. In diesem Zusammenhang formulierten sie 1937 für
die "Züricher Illustrierte" in Ahnlehnung an die britischen und
amerikanischen "Gebote für den Kriminalroman" ebenfalls "10 Gebote für den Kriminalroman" auf die
wiederum später Friedrich Glauser
antwortete.
1938 wanderte er in die USA aus, nahm 1944 die amerikansiche Staatsbürgerschaft an und
wurde dort Professor für deutsche Literatur und Geschichte. Ab 1956 leitete
er die Germanistik-Abteilung der Ohio State University.
SONSTIGES:
Dieter Cunz. The Maryland Germans.
Princeton: Princeton Univ. Press, 1948.
Biographische Angaben teilweise
nach:
Paul Ott:
Mord im Alpenglühen
Der Schweizer Kriminalroman -
Geschichte und Gegenwart
Wuppertal: NordPark Verlag -
KrimiKritik - 2005
Ausführlicher Auszug HIER
Weitere Quelle:
http://germanic.osu.edu/history.cfm
RICHARD PLANT:
Richard Plant wurde als Richard Plaut 1910 in Frankfurt am Main als
Sohn des sozialdemokratischen Stadtrats Theodor Plaut geboren.( Quelle) Er verließ Deutschland 1933, um der
nationalsozialistischen Verfolgung zu entgegen, der Juden und
Homosexuelle ausgesetzt waren. Er schloss 1935 sein Philologie-Studium
an der Universität Basel ab und schlug sich unter anderem als
Autor durch. Er schrieb u.a. den Jugendroman "Die Kiste mit dem
großen‘S’" (1936), und das "Taschenbuch des Films" 1938.
Schließlich siedelte er 1938 in die USA über, wo er seinen
Namen in "Plant" änderte. Er unterrichtete von 1947 bis 1973
Germanistik und Literatur an der City University of New York und lehrte
in den 60er und 70ern an der New School for Social
Research. Erst in den 50er Jahren kehrte er besuchsweise nach
Deutschland
zurück. Neben zahlreichen Fachveröffentlichungen schrieb
er "The Pink Triangle: The Nazi War of Extermination Against
Homosexuals." (1986,
deutsch 1991 »Rosa Winkel. Der Krieg der Nazis gegen die
Homosexuellen«.)
Über Richard Plant:
Andreas Sternweiler (Hrsg.): Frankfurt, Basel, New York: Richard
Plant. Berlin 1996 - Verlag rosa Winkel
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I HAVE TWO FACES
The New York Author Richard Plant
45 Min | Beta SP English and German version
Producer/Distribution:
Hanna Laura Klar-Film Productionby Hanna Laura Klar
OSKAR SEIDLIN
Oskar Seidlin wurde 1911 als Oskar
Koplowitz in Oberschlesien geboren. Er studierte Literatur und
Philosophie in Freiburg, Frankfurt und Berlin und emigrierte 1933 in
die
Schweiz, wo er sein Studium in Basel
abschloss. 1938 siedelte er in die USA über, wo er am Smith
College, Ohio State University und von 1972 bis 1979 an der Indiana
University lehrte.
Kriminalromane
von Stefan Brockhoff
1935 Schuß auf die
Bühne - Leipzig: Goldmann (Goldmanns Detektiv-Romane)
1936 Musik im Totengässlein -
Leipzig: Goldmann, Goldmanns Roman-Bibliothek Nr. 29
1937 Drei Kioske am See - Leipzig:
Goldmann (Goldmanns Roman-Bibliothek)
1938 Verwirrung um Veronika,
Fortsetzungsroman, Zürcher Illustrierte (keine Buchausgabe
nachgewiesen)
1954 Musik im
Totengässlein -
München: Goldmann, Goldmanns Kriminal-Romane ; (K. 69)
1954 Drei Kioske am See -
München: Goldmann, Goldmanns Kriminal-Romane ; (K. 73)
1954 Schuss auf der Bühne,
München: Goldmann Goldmanns Kriminal-Romane ; (K. 79)
1955 Begegnung in Zermatt -
München : Goldmann,Goldmanns Taschen-Krimi ; Bd. 61
Der Titel
1938 Zwischenlandung in Zermatt -
Leipzig: Goldmann als Erstausgabe von "Begegnung in Zermatt" ist in
Richard Plants Lebensgeschichte erwähnt, aber nirgends
bibliographiert
Neuausgabe:
2007 Paul Ott/Kurt
Stadelmann (Hrsg.): Stefan Brockhoff:
„Musik im Totengässlein“ (Schweizer Texte, Neue Folge, Band 25:
Chronos
Verlag )
DOKUMENT:
Zürcher
Illustrierte, 5. Februar 1937
Zehn Gebote
für den Kriminalroman
Eine Selbstanzeige von Stefan
Brockhoff, dem Autor des in der nächsten Nummer beginnenden neuen
Romans "3 Kioske am See"
Ein Kriminalroman ist ein Spiel.
Ein Spiel zwischen den einzelnen Figuren Spiel zwischen Autor und
Leser. Auf den ersten Blick scheint der Autor sehr im Vorteil. Er teilt
die Karten aus und wacht eifersüchtig darüber, dass sein
Partner nur eine ganz bestimmte Auswahl in die Hand bekommt. Aber
gerade darum, gerade weil er wie ein lieber Gott die Lose
schütteln und austeilen darf, sollte es ihm eine Pflicht sein,
seine Leser beim Spiel nicht zu betrügen und gewisse Gesetze
einzuhalten, ohne die jeder Kriminalroman zu einem unfairen Schwindel
wird. Eine Tafel der Gebote und Verbote habe ich darum
zusammengestellt, und ich vertraue sie den Lesern meines neuen Romans
hiermit an, damit sie während des Spieles, zu dem wir uns jetzt
zusammensetzen, auch prüfen können, ob fair gespielt wir oder
nicht. Ich weiß, dass ich es mir damit schwer mache, denn ich
lege mich auf Regeln fest, die ich einhalten muss und ohne die zu
spielen viel leichter für mich wäre. Aber ich hoffe, so fair
zu spielen, dass ich es wagen kann, mir auf die Finger schauen zu
lassen. Also geben Sie acht, die 10 geboten des Kriminalromans werden
jetzt offenbart:
1.
Alle rätselhaften Ereignisse,
die im Verlauf des Romans geschehen, müssen am Schluss
erklärt und aufgelöst werden. wenn am Anfang 10
Einbrüche, 20 Entführungen, 30 Morde vorkommen, so
müssen am Ende 10 Einbrüche, 20 Entführungen m 30 Morde
aufgeklärt sein. Haben Sie keine Angst, dass es bei mir so grausam
zugeht. Aber das, was bei mir geschieht, findet seine Aufklärung -
im Gegensatz zu einem gewissen Klassiker des Kriminalromans, bei dem
das Dreifach passiert, dafür aber nur die Hälfte
aufgelöst wird.
2.
Die Ereignisse, die vor dem Leser
ausgebreitet werden, dürfen nicht nur dazu erfunden sein, den
Leser irrezuführen. Alles, was geschieht, muss seinen berechtigten
Platz haben im Gesamtgefüge des Romans. Wer Episoden erfindet, nur
um den Verdacht des Lesers in eine falsche Richtung zu lenken, ist ein
unehrlicher Spielpartner.
3.
Der Erzähler soll nicht um
jeden Preis originell sein wollen. Wenn ein Mord geschieht, dann soll
er mit den landesüblichen Mitteln geschehen, als das sind
Revolver, Schießgewehr, Gift und andere schöne
Errungenschaften des menschlichen Geistes. Es gibt
Kriminalromanautoren, die sich Tag und Nacht den Kopf darüber
zerbrechen: Wie bringe ich jemand besonders originell um? Sie erfinden
zu diesem Zweck geheimnisvoll-undurchsichtige Apparate, Todesstrahlen,
abgerichtete Tiere und ähnliches. Es gibt eine Grenze, wo das
Raffinierte schon wieder dumm wird.
4.
Der Täter soll ein Mensch
sein, gewiss ein böser Mensch (im allgemeinen), aber immerhin ein
Mensch. Er soll nicht überirdische Kräfte besitzen, nicht mit
okkulten Mitteln arbeiten, sondern seine Taten so ins Werk setzen, wie
das Menschen gemeinhin zu tun pflegen. Er soll nicht über
unbegrenzte Möglichkeiten verfügen, nicht das
rätselhafte Haupt einer 200köpfigen Bande sein, nicht der
verkappte Chef eines riesigen Polizeiapparates, dem alle Mittel zu
Gebote stehen. Auch auf geheimnisvoll unterirdische Gänge, prompt
arbeitende Falltüren und ähnlichen romantischen Zauber soll
der Erzähler tunlichst verzichten. Sonst macht der Autor es sich
zu leicht und dem Leser zu schwer.
5.
Auch der Detektiv soll ein Mensch
sein, gewiss ein geschickter und findiger Mensch, aber immerhin ein
Mensch. Er soll weder Allweisheit noch Allgegenwärtigkeit
besitzen, weil das Eigenschaften sind, über die ein Mensch im
allgemeinen nicht verfugt, Um zu finden, muss er suchen, um
aufzuklären, muss er sein menschliches Gehirn in Bewegung setzen.
Ein Detektiv, der wie der liebe Gott alles schon vorher errät, der
"zufällig" bei allem dabei ist, dem hundert Lichter auf einmal
aufgehen, ist zwar eine imponierende Erscheinung, aber seine
Eigenschaften sind zu schön, um wahr zu sein.
6.
Ein Kriminalroman soll den Kampf
zwischen den listen Taten eines Verbrechers und den klugen,
planmäßigen Überlegungen des Detektivs darstellen, der
ihm auf seine Schliche kommt. Er soll hingegen kein Kriegsgericht sein,
in dem Materialschlachten und Heeresbewegungen erzählt werden, in
dem das Waffenarsenal ganzer Völker aufgeboten wird und die
Leichen rechts und links nur so fallen. Spannend zu sein - das ist
seine Aufgabe, aber spannend zu sein mit den sparsamsten Mitteln - das
ist seine Kunst.
7.
Der Täter muss in dem Geflecht
der Handlungen und Personen an der richtigen Stelle stehen. Der lese
muss ihn kennen, aber er darf ihn nicht er-kennen. Er muss eine
genügend große Rolle spielen, damit man für ihn und
seine Taten auch Interesse aufbringt; er darf also nicht eine Figur
sein, die völlig nebensächlich am Rande des Geschehens steht.
Doch er darf andererseits nicht zu weit in den Vordergrund gerückt
werden, weil er sich sonst zu leicht verrät. genau den richtigen
Platz für ihn auszukalkulieren, das ist eine Hauptaufgabe des
Autors.
8.
Nicht alles, was geschieht, kann in
einem Kriminalroman gezeigt werden. Motive, Täter,
Ausführungsmittel müssen meist im Dunkel bleiben, aber von
allem, was geschieht, muss der Leser etwas erfahren, sei es den
endgültigen Effekt, sei es irgendeine Folgewirkung, sei es
irgendein Indiz, das auf die Tat hinweist. Nie darf etwas passieren,
von dem der Leser erst ganz am Schluss in der Aufklärung
erfährt, dass es überhaupt passiert ist. Gewiss, der
Erzähler muss vieles verstecken, aber er darf es nie ganz
verstecken, ein kleines Zipfelchen muss immer herausschauen.
9.
Der Autor soll seinen Leser nicht
ermüden. Endlose Gerichtsverhandlungen, ausführliche
Protokolle, umständliche Lokaltermine sind zu vermeiden. Was zur
Kenntnis der Tatsachen unbedingt notwendig ist, muss natürlich
seinen Platz haben, aber alles, was seinen Platz hat, muss für die
Handlung und deren Auflösung wirklich unvermeidlich sein. Gewiss,
der Leser wird während der Lektüre nicht immer ermessen
können, was diese Szene oder jenes Gespräch für eine
Bedeutung hat. Aber am Schluss muss er erfahren, dass es überhaupt
bedeutsam war und in welcher Hinsicht.
10
Es ist wünschenswert, dass der
Leser die entscheidenden Ereignisse wirklich vorgeführt bekommt
und miterlebt. Er soll nach Möglichkeit das Gefühl haben,
dass er bei allem dabei war. Nicht irgendeine Person in dem Roman soll
ihm nachträglich erzählen, ob und wo etwas geschehen, sondern
er soll diese Geschehnisse mit eigenen Augen sehen. Vermittelte
Berichte wirken leicht langweilig und schwächen in jedem Fall die
unmittelbare Wucht der Ereignisse ab. Der Leser soll die handelnden
Figuren und deren Tun mit seinen Augen verfolgen können. Er soll
nicht mitanhören, was man ihm erzählt, sondern mitansehen,
was wirklich geschieht. Er soll dabei sein.
Das sind die 10 Gebote, nach denen
wir spielen wollen. Ich hoffe, dass ich nicht gegen sie gefehlt habe.
In meinem ersten Roman "Schuss auf der Bühne" gab es vielleicht
noch einige Blindschüsse, aber mein zweiter "Musik im
Totengässlein" spielte schon eine richtigere Melodie. Und jetzt
hoffe ich, dass Sie mir für meinen dritten, "3 Kioske am See",
eine gute Note ausstellen können und dass Sie sich mit ihm so
angenehm unterhalten, wie man das bei einem ehrlichen fairen Spiel zu
tun wünscht. Passen Sie gut auf, und wenn Sie merken, dass ich
gegen die Spielregeln sündige, beschweren Sie sich bei mir.
Zitiert nach: Friedrich Glauser -
Wachtmeister Studers erste Fälle, herausgegeben von Frank
Göhre, 1986, Zürich: Arche
Paul Ott:
Stefan Brockhoff – ein frühes Autorenkollektiv
Hinter dem Pseudonym Stefan
Brockhoff verstecken sich Dieter Cunz (1910-1969), Oskar Seidlin
(eigentlich Oskar Koplowitz, 1911-1984) und Richard Plant (eigentlich
Plaut, 1910-1998). Alle drei sind 1933/34 aus Deutschland emigriert und
leben bis 1938 in der Schweiz – in Basel und Lausanne – bevor sie in
die USA auswandern. Die Schweiz wirkt dabei als Katalysator für
ihr gemeinsames Schreiben von Kriminalromanen. Nicht nur waren die drei
Männer im Alltagsleben beinahe unzertrennlich, auch ihre
Geschichten spielen hauptsächlich in diesem Land, und sie haben
nur in der Schweiz zu dritt und nur hier Kriminalromane geschrieben.
Richard Plant sagt in seinen
Lebenserinnerungen über die gemeinsame Arbeitsweise: „Oskar war
zuerst dagegen, denn für ihn gab es nur Rilke und George und
danach nichts mehr. Aber für den Gelderwerb hat er dann doch
mitgemacht. Wir haben an einem Band parallel geschrieben. Oskar und ich
haben ein Exposé gemacht, festgelegt, wie die Geschichte
ablaufen sollte, und die einzelnen Bereiche unter uns aufgeteilt. Jeder
hat sein Kapitel geschrieben, und dann wurden sie einander angepasst.
Wir haben das unsere Schneiderwerkstatt genannt. Die vier Krimis haben
alle in der Schweiz gespielt. Das war damals noch etwas Besonderes,
Verbrechen in der braven Schweiz. [...] Der beste [Krimi] war Musik im
Totengässlein.“
Diesem Verdikt kann sich der Kommentator anschließen. Begonnen
aber hat das ganze Abenteuer von Stefan Brockhoff 1935 mit "Der Schuss
auf die Bühne". Der Roman spielt in einer nicht näher
benannten „großen Stadt in Westdeutschland“. Thomas Tavreen,
„erster Held und Liebhaber am Schauspielhaus von D., seit vielen Jahren
der Liebling der Damenwelt“, laviert zwischen Sybille Lieprecht, einer
„wasserstoffblonden Salondame“, und Gefjon Hall, einer „begabten
Bühnenanfängerin von Charakter, die gegen die Strömung
zu schwimmen wagt“. Dass dies dem ruhmsüchtigen Schauspieler nicht
gut bekommt, zeigt ein gezielter Schuss, der ihn zum letzten Mal auf
die Bretter der Theaterbühne zwingt. Der Kriminalreporter Eugen
Kelling und Kriminalkommissar Wienert ermitteln und kommen nach etwas
langfädigen Dialogen (die im Gegensatz zu den präzisen
Schilderungen stehen) der Mörderin, die allerdings wie eine Dea ex
Machina auftaucht, auf die Spur.
"Musik im
Totengässlein" (1936) ist der erste Roman des Triumvirats, der
erkennbar in der Schweiz spielt. Geschildert werden zwei sich
verschränkende Geschichten. Auf der einen Seite das Nachtclubleben
im Vorkriegs-Basel und mafiöse Absprachen im Weinhandel, auf der
andern Seite ein Chemieprofessor, der für die „Chefa“ neue
Bekleidungsmaterialien entwickelt. Wie in allen Brockhoff-Romanen
taucht irgendwann Kriminalkommissar Wienert auf (jedoch nie als
Träger der Handlung). Den bedeutenden Teil der Ermittlungsarbeit
leisten drei befreundete Studenten: Jupp, Gerda und Alex. Sie halten
die verschiedenen Handlungsfäden zusammen.
Wienert bekommt auch eine
Rolle in "3 Kioske am See" (1937). Drei Kioskleiterinnen haben
Schwierigkeiten mit ihren Lieferanten und Arbeitgebern. Eine Explosion
vernichtet den einen Kiosk, in dem Johanna Beurer arbeitet. Sie
erhält Drohbriefe und verschwindet eines Tages. Ihr Freund Carlo
Pedroni arbeitet beim Zigarrenfabrikanten und Motorbootbesitzer
Eleutherios Xylander. Auch der Pole Waslaw Zagorski, Xylanders
Geschäftsfreund, ist in unsaubere Machenschaften verwickelt. Er
erhält Briefe, unter deren Briefmarken mysteriöse Botschaften
versteckt sind. Der junge Zeitungsreporter Herbert Hösslin
löst schließlich den Fall: Xylander hat auf seiner Yacht
eine Falschgeldwerkstatt aufgebaut, um seinen Ruin abzuwenden. Zagorski
bringt Zigarren nach Polen, die unter dem Deckblatt einen
100-Zloty-Schein verstecken.
"Verwirrung um Veronika. Ein
heiterer Roman" erschien 1938 nur als Fortsetzungsgeschichte in der
Zürcher Illustrierten. Die unbedeutende Schauspielerin Veronika
Wenkhaus will berühmt werden und nicht nur Nebenrollen spielen. Um
ihr zu helfen, täuscht ihr Bruder Heiner mit seinen Kollegen eine
Entführung vor, die plötzlich zu einer ernsthaften
Angelegenheit wird, weil sich eine Gaunerbande dies zu Nutze macht.
Veronika aber merkt von all dem wenig; sie lernt in ihrem Versteck
Theaterstücke auswendig und findet erst noch einen
vermögenden Liebhaber.
1938 wurde Zwischenlandung in
Zermatt gedruckt (1955 als Begegnung in Zermatt neu aufgelegt). Dieser
untypische Kriminalroman beginnt mit einer Szene auf dem heute nicht
mehr existenten Flughafen Basel-Birsfelden. Dort empfängt der
Pilot Konrad Riggenbach in einer stürmischen Nacht eine Frau zu
einem Spezialflug nach Mailand. Die nervöse Dame duldet es nicht,
dass der Pilot wegen des schlechten Wetters nach Turin ausweichen will.
Bei der Notlandung in Zermatt schießt sie ihn von hinten nieder,
übernimmt das Flugzeug, springt später mit dem Fallschirm ab
und lässt das Fluggerät in den Bergen zerschellen. Der Bauer
Hannes Allmen und sein Sohn Christoph, Bergführer, retten den
verletzten Piloten und bringen ihn ins Hotel Carlton, wo Christophs
Verlobte Toni (Antonia Zurniven) als Zimmermädchen arbeitet.
Damit verlagert sich die
Handlung in den geschlossenen Raum des Hotels. Es folgt eine
ausführliche Exposition, in der die zahlreichen handelnden
Personen vorgestellt werden, von denen man lange nicht weiß, wer
letztlich eine bedeutende Rolle spielt und wer nur als Statist dient.
Der angeschossene Pilot Riggenbach wird von einer Dame namens Colette
fürsorglich gepflegt, und bald einmal stellt sich heraus, dass sie
es aus schlechtem Gewissen tut, weil sie den Schuss abgegeben hat, was
er ihr aber verzeiht. Ihr kompliziertes Leben hat es mit sich gebracht,
dass sie in einen Schmuckdiebstahl verwickelt ist und die Bestohlene
unter einem Vorwand nach Zermatt bestellt hat, um ihr den Schmuck
zurückzugeben. Bei zwei Einbrüchen in deren Zimmer versucht
Colette also das Gegenteil eines Diebstahls. Kriminalkommissar Wienert
kommt genau in dem Moment zu einer Vernehmung nach Zermatt, als der
Roman in eine Seifenoper abzurutschen droht. Die Umkehrung all dessen,
was für einen Kriminalroman üblich ist, macht den Reiz dieser
Geschichte aus.
Erstaunlich ist die
Entwicklung der Autoren. Während der erste Roman noch im
luftleeren Raum spielt, nimmt die Genauigkeit der Ortsbeschreibungen
mit jedem Text zu. Daneben zeichnet eine hohe Textkonsistenz die Romane
von Stefan Brockhoff aus. Es ist nicht zu unterscheiden, wer die
einzelnen Kapitel verfasst hat, obwohl man bei sehr genauem Lesen
minime Unterschiede feststellen kann. Eher nach traditionellem Muster
gestrickt sind die Plots, die sich manchmal in der Liebe zum Detail
verlieren. Es fehlt auch eine überzeugende Detektivfigur.
Kriminalkommissar Wienert ist eher eine Verlegenheitslösung.
Daraus ergibt sich, dass die Anzahl der handelnden Personen teilweise
verwirrlich hoch ist. Sie lässt den Autoren aber einen enormen
Spielraum. Und wie ein Spiel auf einer ganz besonderen Bühne
sollte man die Krimis von Stefan Brockhoff denn auch lesen: mit
distanziertem Vergnügen und einem amüsierten Blick auf die
Kulisse.
Paul Ott
Auszüge aus:
Paul Ott: Mord im Alpenglühen.
Der Schweizer Kriminalroman – Geschichte und Gegenwart.
Wuppertal 2005: NordPark
Verlag
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
*** E N D E ***
erstellt. 30-7-2005
last update 15.2.2006
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