Ein Fall für Vera Falck

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Kommissarin Vera Falck arbeitet - wie ihre Kollegin Marlene Kemper - ebenfalls bei der Soko Ruhrgebiet, was bedeuet, dass sie überall zwischen Duisburg und Dortmund zum Einsatz kommt.
Ein Sohn, der der Polizei belastendes Material über die schmutzigen Baugeschäfte seines Vaters anvertrauen will ("Verräter im Haus") oder ein Heiratsschwindler, der zum Mörder wurde ("Der Mann mit den vielen Namen") - Kommissarin Vera Falck löst die Fälle stets souverän und immer mit dem ihr eignenen Charme.


Die kleine Serie war ein Auftrag für die Wochenendbeilage der Neuen Rhein/Ruhr Zeitung im Sommer 2007. Kommissarin Vera Falck "vertrat" während der Urlaubszeit den Kolumnisten Jörg Bartel mit seiner Rubrik "Kolumbus & Co"


Fall 01: Verräter im Haus
Fall 02: Der Mann mit den vielen Gesichtern
Fall 03: Der Mann mit der Maske
Fall 04: Im Dunkeln ist gut Munkeln
Fall 05: Überfall in der Nacht
Fall 06: Der Tod des Professors


Ein Fall für Vera Falck:
Kein Ring für Max


Kommissarin Vera Falck ist lange nicht mehr in diesem kleinen Örtchen weit vor der Stadt. Zuletzt ist sie als Teenager jeden Tag hier hinausgeradelt - um auf dem Pferdehof am Ortsrand zu reiten. Leonard Andersons Juwelierladen hat schon damals zu den Institutionen des Ortes gehört.
Die Kommissarin erkennt den Juwelier sofort wieder, auch wenn er sich sicher nicht mehr an sie erinnert. Doch trotz seiner 75 Jahre ist Anderson immer noch sehr rege - und jetzt vor allem sehr aufgeregt.
»Wer hätte denn so etwas gedacht - dass man mich bestiehlt!«, erklärt er, während die Spurentechniker vom Fenster im Waschraum seines Ladens Fingerabdrücke abnehmen. Das schmale Fenster liegt fast unter der Decke des Waschraums.
»Ich habe den Laden gestern wie immer um 19 Uhr geschlossen!«, fährt Leonard fort. »Eine Stunde habe ich noch in der Werkstatt an dem Ring für Max Breuer gearbeitet. Der musste fertig werden, weil Max ihn heute seiner Freundin Linda schenken will. Punkt 20 Uhr war ich fertig - ich habe die Hintertür abgeschlossen, nachgesehen, ob das Fenster im Waschraum verschlossen war und  dann die Ladentür abgeschlossen.«
Und dennoch ist in der Nacht jemand in seinen Laden eingebrochen, denn als Leonard heute Morgen das Geschäft geöffnet hat, stellte er fest, dass nicht nur der Schmuck aus den Vitrinen im Laden gestohlen worden ist, sondern auch alle Schmuckstücke, die in seiner Werkstatt auf der Werkbank gelegen haben. Überall waren leere Schachteln auf dem Boden verstreut. Selbst von den obersten Brettern der mehr als zwei Meter hohen Regale hat der Einbrecher die Schachteln heruntergerissen und geleert.
»Ein Schaden von mehr als 50000 Euro«, jammert Leonard.
»Der Täter ist durch das Fenster im Waschraum eingestiegen«, sagt ein Spurenexperte gleich darauf zu Vera Falck. »Das Fenster war nicht verriegelt - jemand hat offensichtlich vorher von innen den Riegel zurückgeschoben, damit man es später ohne Probleme von außen aufdrücken konnte.«
»Das heißt, der Täter muss gestern bei Ihnen im Laden gewesen sein und Ihren Waschraum genutzt haben!«, erklärt die Kommissarin dem Juwelier.
»Max Breuer war kurz im Waschraum, als er gestern Mittag mit Linda wegen des Ringes hier war«, sagt Leonard. »Und am Nachmittag war eine fremde Frau hier, die sich Perlenketten zeigen ließ und mich fragte, ob er kurz in den Waschraum dürfe.«
»Können Sie die Frau beschreiben?«
»Klein, zierlich, etwa 1,60 groß,«, sagt Leonard. »Elegant gekleidet - ein Kostüm, Pumps mit hohen Absätzen.«
Vera Falck sieht Leonard Anderson zu, wie er einige der leeren Schachteln vom Boden aufsammelt und wieder auf die Regalbretter legt. »Ich muss sagen, dass ich mich gewundert habe, dass Max Breuer gestern für Linda einen Ring wollte!«, sagt er. »Ich meine, die beiden sind erst seit zwei Wochen zusammen - und da schenkt man einem Mädchen doch noch nicht einen Ring. Wenigstens nicht hier bei uns hier im Ort!« Er kramt eine alte Zeitung aus dem Papierkorb unter seiner Werkbank. »Hier, auf dem Bild , das ist Max Breuer«, sagt er. »Er hat letzte Woche für unser Basketballteam die entscheidenden Körbe geworfen!« Auf dem Zeitungsbild strahlt ein mehr zwei Meter großer, schlacksiger junger Mann in die Kamera. Andersons Telefon klingelt. Der Juwelier nimmt ab und hört eine Weile zu. »Klar!«, sagt er dann und legt auf. »Das war Max!«, meint er. »Er hat die Bestellung für den Ring rückgängig gemacht, weil er sich grade von Linda getrennt hat! Komische Sache.«
»Ganz und gar nicht!«, meint Vera Falck. »Denn Max ist der Einbrecher gewesen - den Ring hat er nur bestellt, um gestern hier im Laden das Fenster des Waschraum heimlich öffnen zu können. Das ist ganz klar.«
Wie kommt Vera Falck zu dem Schluss?

Lösung: Das Fenster lag fast unter der Decke, und der Täter hatte auch Schmuckschachteln von den obersten Brettern der mehr als zwei Meter hohen Regale heruntergerissen - er musste also sehr groß sein. So wie der Basketballer Max Breuer - während die fremde Frau mit ihren 1,60 kaum an die Regale herangekommen wäre.



H.P. Karr:
Ein Fall für Vera Falck
Krimi-Serie für Neue Ruhr Zeitung
Sommer 2007, 6 Teile
Rechte beim Autor



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