Gonzo wird gejagt
Krimi kommunale
Zusammengestellt und herausgegeben von Alexander Pfeiffer.
Dreizehn Kurzkrimis, die ebenso erbarmungslose
wie heitere Schlaglichter in das Dickicht der Kommunalpolitik werfen.
Hier bleibt keine Weste weiß und kein Auge trocken. Die Tatorte reichen
von der bayerischen Provinz
bis zu den Nordseeinseln, unter den Tätern und Opfern finden sich
städtische Pressesprecher ebenso wie Angestellte der
Entsorgungsunternehmen oder des Tiefbauamtes.
Mit dabei:
Karr & Wehner
Die Borbeck-Connection
„Geschlossene Gesellschaft!„
Gonzo wußte, was das hieß. Mit diesem Schild an der Tür der „Ente„,
einer Kneipe im Schlagschatten des Pressehauses an der Sachsenstraße,
hielt der alte Grabowski alle fern, die nicht nebenan in einer der
Redaktionen, dem Fernsehstudio des Regionalmagazins oder dem Lokalfunk
arbeiteten.
Gonzo stellte seinen Kombi mit der Videokamera vor dem Pressehaus ab
und ging die paar Meter zur „Ente„ zu Fuß. In einer schmalen
Nebenstraße schimmerte ein gigantischer Chevrolet Suburban 5,3 l V8 mit
verchromtem Kühlergitter, verlaufsgetönten Scheiben und überbreiten
Reifen im Licht einer Peitschenlampe. Vor und hinter dem Luxusgefährt
drängelten sich die Mittelklassekarossen der Redakteure und die
Kleinwagen der freien Mitarbeiter.
In der „Ente„ stand die Luft. Am Stammtisch brüteten die Redakteure vom
Feuilleton darüber, wie sie ihre Jobs vor dem Sparkurs der
Verlagsleitung retten konnten und hechelten die üblichen Skandale
durch. Am Dartautomaten träumten die Berufsjugendlichen aus der derwesten-Redaktion
laut davon, die Konkurrenz von Spiegel Online zu übertrumpfen. In der
Ecke neben der Tür zum Klo vertröstete der hagere Klatschreporter übers
Handy seine Redaktion. Er müsse noch etwas „nachrecherchieren„.„
An der Theke lungerte Ludger Steinboek neben dem Volontär vom
Regionalmagazin. Der Leiter der Pressestelle der Stadt prostete Gonzo
mit einer Cola-Rum zu.
„Gratuliere zum Ausfallhonorar, Alter!„
Gonzo nahm das Bier, das Grabowski ihm unaufgefordert hingestellt
hatte, und trank. Steinboek legte den Arm um seine Schulter. „Du darfst
mir das nicht übel nehmen, okay?„
Gonzo stellte das halb leere Bierglas auf den Tresen zurück und drängte
Steinboek von dem Volontär ab. „Mir ist ein Auftrag geplatzt, ich hab
ein Ordnungswidrigkeitsverfahren am Hals, ich kann mit für 500 Euro
einen neuen Funk-Scanner besorgen und du sagst, ich soll das nicht
persönlich nehmen?!„
Steinboek deponierte sein Glas neben den Wagenschlüssel mit dem Chevrolet-Anhänger, der auf dem Tresen lag.
„Ich lad dich ein„, verkündete er und ließ den Wagenschlüssel um den
Finger kreisen. „Zur Feier des Tages.„ Das Chevrolet-Zeichen baumelte
vor Gonzos Augen. „Niegelnagelneu, gestern vom Händler geholt! Mit
Supercharger, auf 503 PS hochgeschraubt! Von dem Modell gibts nur
hundert Stück in Deutschland.„ Er winkte Grabowski zu. „Ein Bier für
den Kollegen Gonschorek hier.„
„Erstmal muss ich pissen!" Gonzo steuerte die Toiletten an.
Gonzo
hatte am Vormittag für das Regionalmagazin gedreht – in Essen-Borbeck,
am wilden Automarkt neben dem Rot-Weiß-Stadion. Herbert aus der
Redaktion hatte „brisante Bilder„ verlangt, Länge mindestens zehn
Minuten, weil er am Abend im Studiogespräch den Polizeipräsidenten und
den Ordnungsamtsdezernenten wegen der unhaltbaren Zustände festnageln
wollte, über die sich eine Bürgerinitiative schon seit einem Jahr
beklagte.
Als Gonzo vom Klo zurückkam, stand das von Steinboek spendierte Pils
neben seinem halb leeren Glas auf dem Tresen. „Woher hast du überhaupt
gewusst, dass ich am Automarkt drehe?„
Steinboek zog sich mit dem Zeigefinger das linke Augenlid herunter. „Betriebsgeheimnis.„
Die Geschichte dahinter
Heinrich »Gonzo« Gonschorek, der Videogeier aus dem Ruhrgebiet ist wieder unterwegs. Im Kombi, auf den Straßen des Reviers, immer ein Ohr am Funkscanner, immer auf der Lauer auf...
... ein neues Abenteuer. Was aber passiert, wenn man in den kommunalen Kleinkrieg zwischen Ordnungsamt, städtischem Presseamt und Polizei gerät, davon erzählt diese Geschichte. Ein bisschen Fantasie ist natürlich auch dabei - etwa wenn wir die "Ente" bescjhrieben, die Journaliste-Kneipe in der Essener Sachsenstraße. In Wirklichkeit ist da, wo die "Ente" sein könnte eine ganz normale Pizzeria. Könnte man meinen.
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