DEUTSCHER KRIMI PREIS
Die Fakten
Die Preise
Preisträger 1985 - 1989
Die besten Krimis des Jahres
1. Deutscher Krimi Preis 1985   

National


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1. Platz: Helga Riedel: Einer muß tot

Es erschien ihm ganz und gar unglaublich, dass sie getötet haben sollte, und es gab, soweit er sehen konnte, auch nicht das geringste Motiv.
Dennoch beharrte Anna auf ihrem Geständnis, sie, und nicht Broder Jensen, habe Ahmet Adanir mit der eisernen Pegasusfigur erschlagen.
Anna Wildenbruch, genauer Anna Adanir, denn sie ist ja standesamtlich getraut worden, hatte Ahmet vor einem halben Jahr kennengelernt, als sie zwei anderen Türken Deutschunterricht gab. Das war der Anfang einer Beziehung gewesen, die mit unausweichlicher Konsequenz in die Katastrophe mündete.

Das beeindruckende Debüt einer jungen deutschen Autorin, die sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich auf einen völlig neuen Weg begeben hat. Die packende Geschichte wird in einer interessant stilisierten Sprache erzählt, die den leser zwischen Identifikation und beobachtung hin- und herpendeln lässt und ihn auf diese Art in Spannung versetzt.
(Reinhard Jahn)

Helga Riedel: Wiedergänger
(beide Rowohlt)

Ein kleiner Ort im Nordosten von Schleswig-Holstein, ein verschlafenes Dorf an der Küste, ist aus seiner beschaulichen Ruhe aufgescheucht worden. Erst taucht ein Fremder auf, dann wird auf Freda geschossen, das Grab ihres Mannes aufgebrochen, eine unbekannte Frauenleiche gefunden und schließlich noch ein Kind entführt. Das wird selbst dem friedfertigen Polizeiobermeister Krüger zuviel, und er ruft seinen Kollegen aus Flensburg zu Hilfe. Aber es scheint sehr fraglich, ob der Licht in das Dunkel der Ereignisse bringen kann.

Sicher das Beste, was auf dem Gebiet des jungen deutschen Kriminalromans geschrieben worden ist. Im Gegensatz zu dem direkten und realistisch angelegten Erstling Einer muss tot ist Wiedergänger eine märchenhaft-mythische Geschichte, die besonders durch das psychologische Gegeneinander der Personen und die atmosphärischen Landschaftsschilderungen besticht.
(Reinhard Jahn, 1985)


2. Platz: Werner Waldhoff: Des einen oder des anderen Glück
Eine Art Park. Vereinzelte Bäume, ein paar Büsche, Blumenbeete ohne Blumen. Bei schönem Wetter sitzen hier Rentner, die aber allmählich von einer kleinen Pennerkolonie vertrieben werden.
Neben der Einmündung eines Gehweges steht ein Denkmal. Auf der Bank daneben sitzt Dohnert, einen schwarzen Aktenkoffer auf den Knien. Gelegentlich wirft er einen Blick auf seine Armbanduhr, dann schaut er wieder zu den paar Pennern hinüber, die zwei Flaschen in Plastiktüten kreisen lassen.
"In hektischer Aufregung scheint er nicht gerade zu sein", sagt Max.
"Wozu auch? Er liefert das Geld ab, und damit hat sich's für ihm", sagt Didi. "Wir sollten aufgeregt sein. Für uns stehen immerhin fünfzigtausend auf dem Spiel. Abgesehn davon, ich bin aufgeregt."

Ein deutscher Krimi, der im Milieu der Subkultur und Halbwelt angesiedelt ist. Die Storyline liefert keine großen Überraschungen, aber darauf hat es der Autor auch gar nicht abgesehen. Ihn interessieren die Beziehungen seiner Charaktere, ihre Positionen gegenüber Recht und Unrecht, ihr Pendeln zwischen Moral und Unmoral. Das alles wird brillant in Szene gesetzt.
(Reinhard Jahn)


2. Platz: Werner Waldhoff:  Ausbruch
(beide Rowohlt)

Penn verdient seine Kohle mit dem Verschieben von geklauten Autos. Das ist ganz einträglich. Nur durch einen dummen Zufall erkennt ihn einer der bestohlenen Autobesitzer auf der Straße wieder. So wird er geschnappt und soll für fast vier Jahre hinter Gitter.
Der Knast ist eine verdammt neue Welt für ihn, aber er lernt schnell und kapiert, dass er die Zeit hier nicht heil überstehen kann. Also plant er seinen Ausbruch. Um Einfälle ist er nicht verlegen. Aber für seinen todsicheren Plan braucht er einen Komplizen. Penn kennt zwar schon eine Menge Tricks, doch er hat noch nicht gelernt - sonst hätte er gewusst, dass er im Knast niemand trauen darf.

Penn ist ein Mitläufer in der Spontiszene, und sein Weg in den scheinbar unausweichlichen Tod wird knapp, lakonisch, aber mit großem Gefühl für Stimmungen beschrieben. Diese Einsamkeit der Straßen, die Werner Waldhoff zu vermitteln versteht, ist sein großes Plus.
(Reinhard Jahn)


3. Platz: Frieder Faist: Schattenspiele
(Haffmans)


Ein Arbeitsloser hat Zeit. Ein Dichter braucht Geld. Eine kleine Großstadt vergibt alle zwei Jahre einen happigen Literaturpreis an ein Kind der Region: Warum immer an die rechten Langweiler?
Auf der Suche nach dem Autor der Schattenspiele findet der Arbeitslose einen neuen Job als Philipp Marlowe der deutschen Provinz. Er gerät immer tiefer in einen fetten Filz.

Ein ausgezeichneter Kriminalroman, ganz ohne Leichen, fast ohne Schlägereien und ohne spektakuläre Action. Seine Stärke liegt in der Entwicklung einer stimmigen, dichten lokalen Atmosphäre, in der sich die Schilderungen des Ambientes mit den Personenzeichnungen perfekt ergänzen.
(Reinhard Jahn)



International


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1. Platz: Alan Furst: Tödliche Karibik
(The Carribean account)
Deutsch von Michael K. Georgi
Die superreiche Erbin Fiona de Scodellaire verfällt dem Sektenkult des verrückten Psychiaters Charles Early Smith, der natürlich nur an ihrem Geld interessiert ist. Die Scodellaire-Anwälte beuftragen den Privatdetektiv Roger Levin, Fiona aus seinen Krallen zu befreien. Die Spur führt Levin nach St. Maarten, einer karibischen Insel, auf der Smith ein altes Fort besitzt...

Ein unkonventionell geschriebener Thriller, der sich sich sehr deutlich seiner klassischen Vorbilder bewusst ist, aber die Moral und den Impetus der Chandlers und Hammetts weiterentwickelt und in die aktuelle Gesellschaft transportiert.
(Reinhard Jahn)

Geschäfte im Schatten
(The Shadow trade)
Deutsch von Bernd W. Holzrichter
(beide Ullstein)

Guyer gehört zu den 820 CIA-Agenten, die 1977 auf einen Schlag entlassen worden waren, und er hat sich gemeinsam mit dem brillanten Computerfachmann Richard List selbstständig gemacht: Mit einem privaten Geheimdienst, der Metro Data Research. Die Aufträge der beiden basieren auf der Theorie, dass jeder Mensch einen Doppelgänger hat und man ihn nur finden muss. Doch warum sucht der französische Geschäftsmann Benauti ausgerechnet das Double des internationalen Söldners Delatte?


Eine brillante Story, brillant erzählt, voller glitzernder Facetten und Beobachtungen, inszeniert mit dem Timing einer Rolex. Aktuell vor einem Hintergrund geheimnisvoller Schattengeschäfte privater und staatlicher Geheimdienste angesiedelt, ist Geschäfte im Schatten die perfekte Synthese aus Geheimdienst- und Großstadtroman.
(Reinhard Jahn, 1985)


2. Platz: Anthony Price: Ein Spiel für Profis 
(War Game)
Deutsch von Ute Tanner
(Ullstein)

Rätsel der Geschichte, Piraterie, Bürgerkrieg und plötzlicher Tod - das sind nur einige Stichworte zur Historie des Goldschatzes von Oliver Cromwell im Werte von über zwei Millionen Pfund, der in Standingham Castle, Wiltshire, gefunden wurde.
Der Entdecker dieses riesigen Vermögens ist Charles Ratcliffe, der das Schloß kürzlich erbte. Aber Charles kann sich darüber nicht lange freuen. Er wird ermordet. Und dann nimmt sich Dr. Audley vom britischen Geheimdienst dieses Falles an...

Anthony Price: Die Chandos-Falle
(The '44 vintage)
Deutsch von Thomas Schlück
(Rowohlt)

Der junge Corporal Butler gerät 1944,  in den letzten Tagen des II. Weltkrieges, in die zwielichtige Truppe von Major O'Conor, zu der auch der junge Second Lieutenant David Audley gehört.  Angeblich soll diese "Chandos-Truppe" einen Schatz bergen, ehe Franzosen oder Amerikaner ihn auf ihrem Vormarsch finden. Doch sobald die Einheit hinter den deutschen Linien operiert, wird Butler klar, dass einige Kameraden den Einsatz zur persönlichen Bereicherung nutzen wollen.

Ein David Audley-Roman, in dem Anthony Price den II. Weltkrieg diesmal nicht durch die Annährung aus der Gegenwart thematisiert, sondern sich direkt in die historische Dimension begibt. Mit der geschickt entwickelten Geschichte eines dubiosen Kommandounternehmens gelingt ihm eine ausgezeichnete, ausgewogene Mischung von Anteilnahme, Betroffenheit und ironischer Brechung.
(Reinhard Jahn)



3. Platz: Thomas Perry: Abrechnung in Las Vegas
(The butcher's boy)
Deutsch von Friedrich A. Hofschuster
(Goldmann)

Er ist ein Mafia-Killer, der einen Gewerkschafter und einen Senator töten soll und dafür in Las Vegas groß abkassieren will. Er nennt sich selbst den 'Sohn des Schlächters'. Die Jagd auf ihn eröffnet die attraktive Elizabeth Waring, eine junge Datenanalytikerin im Justizministerium. Doch gefährlich wird es für den Killer erst, als er sich bei einem Unfall schwer im Gesicht verletzt. Das Stigma macht ihn für seine Auftraggeber zu einem untragbaren Risiko.

Absolut überzeugend durchleuchtet dieser auch mit dem Edgar Allan Poe-Award (
Best First Mystery Novel)
ausgezeichnete Roman mit einem überaus spannenden Plot die  Beziehungen zwischen Verbrechen und Gesellschaft. Sorgfältig erzählt und präzise in der Darstellung entwirft Thomas Perry das Bild einer Underworld USA mit ihren geheimen und halboffizielle Machenschaften, das bedrückend und faszinierend zugleich ist.
(Reinhard Jahn)
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