13. Deutscher Krimi
Preis
1997
National
1. Platz: Alexander
Heimann: Dezemberföhn
(Cosmos)
In
Hinterzünen braut sich ein Unheil zusammen. Zunächst
kursieren in
dem Schweizer Dorf nur Gerüchte. Dann passieren seltsame
Vorfälle. Ein
Bauer findet eine brutal getötete Katze. Und es naht der
außergewöhnlich warme Dezemberfön, an dem sich die
Seminaristin Verena
auf den Weg zur Bahnstation macht.
2.
Platz: Gisbert
Haefs: Das Kichern des Generals
(Haffmans)
Der alte
General, der dreieinhalb Jahrzehnte lang Paraguay wie seinen
Privatbesitz geleitet hat, sitzt im Exil an der Küste Brasiliens
und
langweilt sich. Er möchte noch einmal schäbig kichern und
noch einmal
an den Strängen zupfen, die er selbst geflochten und gespannt hat.
Schauplatz ist die Stadt Ciudad del Este im Dreiländereck
Brasilien-Paraguay-Argentinien. Durch die Stadt verläuft eine der
Hauptrouten des Narko-Handels, kontrolliert von Leuten des
Cali-Kartells. In Ciudad del Este sitzt die Hizbollah, die von hier
1994 den blutigen Anschlag auf das jüdische Zentrum in Buenos
Aires
vorbereitete. Und deswegen ist auch der Mossad vertreten - ebenso wie
CIA, DEA und die militärischen Geheimdienste der umliegenden
Staaten.
In diesen Teich voller Haie wirft der General als Köder eine
Leiche und
Informationen, die alle Haie anders interpretieren. Geht es um Geld,
Kokain, Waffen oder einen Putsch? Oder alles zusammen? Sicher ist nur:
Der General wird kichern. Worüber, das weiß nur er.
3.
Platz: Wolf
Haas: Auferstehung der Toten
(Rowohlt)
In
Zell am See geht es etwas langsamer zu als im Rest der Welt. Hier
wird man nicht erschossen, sondern tiefgefroren. So ist es einem
steinreichen amerikanischen Ehepaar ergangen, das man an einem klirrend
kalten Wintermorgen im Sessellist findet. Die Polizei beißt sich
an der
Sturheit der Zeller schnell die Zähne aus. Licht in diesen Fall
kann
nur ein Mann wie Privatdetektiv Brenner bringen, ein ehemaliger
Polizist, der wegen seiner nervenzermürbenden Langsamkeit aus dem
Job
geekelt wurde. Brenner hat das Gespür für den Rhythmus der
österreichischen Provinz.
Schon mit seinem ersten
Roman hat Wolf Haas einen neuen Ton
in den deutschsprachigen Kriminalroman gebracht. Ein Ich-Erzähler,
von dem man
nicht weiß, wer er ist, spricht den Leser an, ganz
bedächtig, berichtet nicht
nur, sondern wertet und deutet, beschleunigt auch manchmal, verschluckt
halbe
Sätze, verwandelt das Österreichische in ein kunstvoll-naives
Idiom. Brenner
nimmt diesen Rhythmus auf, er geht nicht zielstrebig vor, sondern
tastend,
tappend, Kleinigkeiten entdeckend oder sich in ihnen verlierend.
Für das
schwierige Gelände dieses Falls ist er genau der Richtige: „Weil
das ist quasi
ein Glatteis gewesen, oder von mir aus ein Tiefschnee, oder vergleiche
es
meinethalben mit was anderem. Da kommst du mit einer anderen Gangart
besser
vorwärts als wie zum Beispiel auf einer Asphaltstraße.“ Bei
der Lösung des
Falls, einer Familientragödie, erscheint
Wolf Haas als Alter ego von Brenner, aber die Umständlichkeit der
Erzählung ist
ein Täuschungsmanöver, die die Spannung steigert. (Wilhelm
Roth)
International
1. Platz:
Philip Kerr:
Game
Over
(Gridiron)
Deutsch von Peter Weber-Schäfer
(Wunderlich)
Kaum hat der gefeierte Architekt Ray
Richardson im Herzen von Los
Angeles das neue Verwaltungsgebäude der chinesischen Yu
Corporation
errichtet, ereignen sich geheimnisvolle Zwischenfälle. Die
Computersteuerung des High-Tech-Hochhauses benimmt sich plötzlich
so,
als hätte sie einen eigenen Willen. Mit dem ersten Toten beginnt
für
die Yu Corporation ein Alptraum.
2. Platz: James Ellroy: Ein
amerikanischer
Thriller
(American tabloid)
Deutsch von
Stephen Tree
(Hoffmann und Campe)
Fünf Jahre amerikanische Geschichte, vom 22. November 1958 bis zum
22.
November 1963, vom Aufstieg John F. Kennedys bis zu seiner Ermordung in
Dallas. Von kleinen Gangstern und FBI-Männern, Erpressungsartisten
und
schwulen Nachtklub-Entertainern, von Mafiabossen, von dem
mächtigen
Vorsitzenden der Teamster, Jimmy Hoffa, von J. Edgar Hoover und Howard
Hughes erzählt James Ellroy: von der Kehrseite des amerikanischen
Mythos.
3. Platz:
Donna Leon:
Venezianische
Scharade
(Dressed for death)
Deutsch von Monika
Elwenspoek
(Diogenes)
An einem heißen Augusttag wird beim Schlachthof von Mestre die
Leiche
eines Mannes in Frauenkleidung entdeckt. Ein Travestit, getötet
nach
Streitigkeiten mit seinen Freiern? Commissario Brunetti nimmt die
Ermittlungen auf. Die amerikanische Autorin Donna Leon legt ihren
dritten in Venedig spielenden Brunetti-Roman vor. Sie deckt darin
einen besonders eklatanten Fall bürgerlicher Doppelmoral auf,
sowie
Korruptheiten im politischen System, wie sie heutzutage überall
anzutreffen sind.
Mit Figuren und Situationen, die beängstigend nah sind an der
italienischen Realität, katapultiert die amerikanische
Wahl-Venezianerin ihre Leser in ein ständiges Wechselbad der
Gefühle: Von ungläubigem Staunen über ein gewisses
Amüsement bis hin zu tiefer Betroffenheit.
Ironie, Idiotie, Schmunzeln, Schmerz, Tragikomik und traurige Wahrheit
vermischen sich zu einem Sittengemälde, in dem Gerechtigkeit und
Menschlichkeit von Bürokraten und Heuchlern viel zu oft be- wenn
nicht gar verhindert werden.
(Michaela Pelz / krimi-forum.de)
Die Jury:
Andreas Ammer (DLF) / Sönke Boldt (Badische Neueste Nachrichten) /
Joachim Dörr / Günther Grosser
/ Heinz Jakubowski / Martina I. Kischke (Frankfurter Rundschau) /
Manfred Sarrazin (Krimibuchhandlung "Alibi", Köln) /
Krimibuchhandlung "Crime Express", Hagen / Krimibuchhandlung
"Hammett", Berlin / Iris Schweigert (Krimibuchhandlung "tatort",
Berlin) / Jutta
Wilkesmann (Krimibuchhandlung "Die Wendeltreppe", Frankfurt) /
Alf
Mayer
/ Gerhard Neumann / Wolfgang Platzeck (WAZ) / Thomas Przybilka /
Wilhelm Roth (epd-film) / Jochen
Schmidt / Erhard Schütz (Literaturwissenschaftler) / Willy
Theobald /
Jürgen M. Thie / Bettina Thienhaus
(epd-film) / Karl Unger / Karl Wegmann (taz) / Thomas
Wörtche /
Reinhard Jahn /
Werner Puchalla
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